Gefahr für Artenvielfalt und Gesundheit
Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel sind eine große Gefahr für die Natur, denn sie schaden nicht nur den Organismen, die sie bekämpfen sollen. Die Bestände von Insekten, Vögeln und Kleintieren gehen seit Jahren zurück. Die Fruchtbarkeit der Böden wird zerstört, da Pestizide die humusbildenden Kleinstlebewesen vernichten. Durch Abfluss und Abdrift gelangen die Substanzen in Gewässer und schädigen deren biologische Vielfalt. Über die Luft verbreiten sie sich in alle Richtungen und an jeden noch so entlegenen Ort.
In Deutschland werden jedes Jahr zwischen 27.000 und 35.000 Tonnen Pestizidwirkstoffe verkauft, dabei kommen mehr als 270 verschiedene Substanzen zum Einsatz. Einige von ihnen stehen im Verdacht, Krebs zu erregen, die Fortpflanzung zu beeinträchtigen oder das Hormonsystem zu stören. Die langfristigen Folgen des hohen Gifteinsatzes sind noch nicht ausreichend untersucht. Das gilt auch für die Wechselwirkung verschiedener Stoffe, denn Landwirte mischen oft mehrere Substanzen in ihren Tanks.
Langzeitfolgen und Pestizidcocktails werden bei den derzeitigen Zulassungsverfahren nicht berücksichtigt. Die Verfahren stützen sich in der Regel auf Studien, die die Hersteller selbst in Auftrag gegeben haben. Der BUND fordert, den Zulassungsprozess für Pestizide so zu reformieren, dass Umwelt und Gesundheit angemessen geschützt werden.
Essen ohne Pestizide
70 bis 80 Prozent der deutschen Bevölkerung wünschen sich Lebensmittel ohne Pestizidrückstände. Vor allem bei Obst und Gemüse kommt es aber immer wieder vor, dass die zulässigen Höchstgehalte an Chemikalien überschritten werden. Eine pestizidfreie oder doch zumindest stark pestizidreduzierte Ernährung erhalten Sie, wenn Sie Bioprodukte kaufen. Denn in der ökologischen Landwirtschaft ist der Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden verboten. Dass auch Bioprodukte nicht absolut pestizidfrei sind, liegt an der Abdrift der Ackergifte: Sie gelangen von den Feldern der konventionellen Betriebe über die Luft auf Bio-Äcker. Das aktuelle Ökomonitoring des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts in Stuttgart kam zu dem Ergebnis, dass die Pestizidbelastung bei konventionellem Gemüse um ein 70-faches und bei konventionellem Obst sogar um ein 100-faches höher ist als bei Bioprodukten.
Ausstellung "Irrweg Pestizide" in Lorsch
Im Sommer 2021 zeigten wir zusammen mit dem NABU Bergstraße die Ausstellung "Irrweg Pestizide" im Museumszentrum Lorsch. Die 13 Tafeln wurden von der Toxikologin Dr. Anita Schwaier und der Künstlerin und Umweltaktivistin Sybilla Keitel verfasst und gestaltet. Die Autorinnen illustrieren auf den Roll-Ups mit Fotos, Grafiken und Studienergebnissen, wie gravierend sich die Anwendung der Agrarchemikalien auf Böden, Pflanzen, Insekten, Vögel, Nutztiere und Menschen auswirkt. Zu jedem Problemfeld stellen sie Alternativen vor, die sie unter dem Motto „Es geht auch ohne Chemie!“ in zehn Strategien des Ökolandbaus beschreiben.
Zur Ausstellungseröffnung organisierten wir eine Podiumsdiskussion, bei der Dr. Willi Billau, Vorsitzender des Regionalbauernverbands Starkenburg, Karl Bauer, Bio-Landwirt mit Naturland-Zertifizierung, und BUND-Vorstandssprecher Herwig Winter mit dem Publikum lebhaft und ausführlich über landwirtschaftliche Praxis, marktwirtschaftliche Zwänge, Verbraucherinteressen und das Artensterben debattierten.
Für die Finissage bereitete der NABU Bergstraße einen Themenabend über die Böden im hessischen Ried vor. Nach einem Vortrag von Claus Kropp, Leiter des Freilichtlabors Lauresham, über historische Bodenbewirtschaftung konnten die Besucher sich über die Zusammensetzung verschiedener Bodenproben informieren und eine eindrucksvolle Installation aus Naturmaterialien betrachten.