Der Gartenschläfer, ein europäischer Ureinwohner, gibt Rätsel auf. Seine Bestände gehen drastisch zurück und in vielen Regionen ist die kleine Verwandte des Siebenschläfers bereits ausgestorben. Und das, obwohl der Winzling in der Auswahl seiner Lebensräume flexibel und als Allesfresser recht anpassungsfähig ist. Ein Frühwarnsystem für ein Artensterben größeren Ausmaßes?
Um das Überleben der Schlafmaus mit der "Zorromaske" zu sichern, läuft seit 2019 bundesweit die "Spurensuche Gartenschläfer", bei der die Universität Gießen, die Senckenberg Gesellschaft und der BUND zusammenarbeiten. In der zweiten Forschungssaison fahndet auch der BUND Bensheim nach dem kleinen Nager. Auf einem Plateau am Seeberg bei Schönberg klebten die Aktiven zusammen mit Projektkoordinatorin Susanne Steib und einigen Helfern 25 Spurtunnel im Geäst von Bäumen und Sträuchern fest.
Spurtunnel mit Stempelkissen
Die Untersuchungsmethode ist denkbar einfach: Laufen die Tiere durch die Plastikröhren, treten sie auf eine Art Stempelkissen und hinterlassen ihre Spuren auf einem Blatt Papier. Da der Gartenschläfer besondere Schwielen an seinen Pfoten hat, lassen sich seine Spuren gut von denen anderer Kleinsäuger unterscheiden. Bis Ende September werden die Spurtunnel alle ein bis zwei Wochen kontrolliert. Falls die Fahnder Abdrücke auf den Papierstreifen vorfinden, sammeln sie diese ein, befestigen neues Papier und tupfen frische Farbe auf die Felder neben dem Papier. Im Herbst und Winter, während der Gartenschläfer ausgiebig abtaucht, werden die entdeckten Spuren wissenschaftlich ausgewertet.
Leider konnte in Bensheim-Schönberg kein Gartenschläfer nachgewiesen werden.
Jeder kann mitmachen!
Wer einen Gartenschläfer gesehen oder gehört hat, kann direkt mithelfen und seine Entdeckung auf der Webseite www.gartenschlaefer.de melden, gerne mit Foto oder einer Audioaufnahme. Denn nicht nur die Gesichtszeichnung mit den dunklen Ringen um die Augen ist beim Gartenschläfer unverkennbar, sondern auch seine Stimme – nachzuhören auf www.gartenschlaefer.de/geraeusche.
Hintergrund
Der Gartenschläfer gibt Wissenschaft und Naturschutz große Rätsel auf. In Hessen geht es der Art zwar entlang der Flusstäler von Rhein und Main – insbesondere in Wiesbaden, dem Main-Taunus-Kreis und dem Kreis Groß-Gerau - nach derzeitigen Erkenntnissen noch vergleichsweise gut. Doch aus vielen Regionen Europas und Deutschlands ist die Art spurlos verschwunden. Warum, ist noch völlig unklar.
Um Licht ins Dunkel zu bringen, starteten der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Justus-Liebig-Universität Gießen und die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung im Oktober 2018 die „Spurensuche Gartenschläfer“. Das Projekt wird im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert. Im Mai 2020 wurde es als „Projekt der UN-Dekade für Biologische Vielfalt“ ausgezeichnet. Bis 2024 sollen eine umfassende Forschung und intensive Schutzmaßnahmen dabei helfen, die kleine Schlafmaus in großen Teilen ihres Verbreitungsgebiets in Deutschland zu erhalten. Dabei werden die Forscher von vielen Freiwilligen unterstützt, die neben den Spurtunnel auch Nistkästen kontrollieren sowie lokale Schutzmaßnahmen umsetzen. Dort, wo der Gartenschläfer als lästig empfunden wird – ob im Haus, Garten, im Wein- oder Obstbau – soll das Projekt zwischen Mensch und Tier vermitteln und zeigen, dass ein Zusammenleben gut möglich ist. Die betroffenen Akteursgruppen werden zum Dialog eingeladen und an der Erarbeitung des Schutzkonzepts beteiligt.
Der Gartenschläfer ist eine sogenannte ‚Verantwortungsart‘. Ein großer Teil seines Verbreitungsgebietes liegt hier, so dass Deutschland für die Erhaltung dieser Art in hohem Maße verantwortlich ist. Die Erforschung des Verschwindens des Gartenschläfers ist damit Teil der nationalen Anstrengungen für den Schutz der biologischen Vielfalt in Deutschland.