Kreisgruppe Bergstraße

Verkehrswende statt Autobahnausbau

30. Juni 2023

Ein Bündnis aus Klima-und Umweltorganisationen protestiert gegen den Autobahnausbau in Hessen.

 (Paul Marx / pixelio)

„Zu Erreichung der Klimaziele können wir uns keinen weiteren Meter Autobahn mehr leisten. Weder den Ausstoß von Treibhausgasen noch Verschwinden von CO2-Senken durch Abholzung von Wäldern und Zubau von Mooren.“ mahnt Inge Schönhardt von Greenpeace. Selbst das Bundesverkehrsministerium stuft alle hessischen Projekte als umweltschädigend ein. Deshalb lehnen Umweltverbände und zivilgesellschaftliche Organisationen den Ausbau der Autobahnen ab.

Hessen ist mit 30 Autobahnausbauprojekten nach dem Planungsbeschleunigungsgesetz betroffen. Tarek Al-Wazir, hessischer Verkehrsminister der Grünen, hat davon 23 Projekten zugestimmt, davon drei Projekten unter Vorbehalt. Nur sieben Projekte werden nicht beschleunigt vorangetrieben, sind aber gleichwohl weiter geplant!

„Die Klimakrise beschleunigt sich und daran hat der Straßenverkehr einen erheblichen Anteil mit etwa 20% aller Treibhausgasemission in Deutschland. Deshalb ist es zwingend erforderlich, jetzt umzusteuern und nur die klimafreundlichere Schiene und Radwege auszubauen, was auch kostengünstiger ist.“ sagt Antje Sander von Parents for Future Darmstadt und Umgebung.

Der Bau von Autobahnen kostet ein Vielfaches im Vergleich zur Schiene oder gar zu Radwegen. Das Geld und die Ressourcen, die für den Bau von Straßen verwendet werden, sind besser im Ausbau von ÖPNV und Radwegen investiert.

Auch die These des Bundesverkehrsministeriums, dass mehr Autobahnen Staus entzerren und den Verkehr flüssiger machen, trifft laut einer Studie von Greenpeace nicht zu: mehr Autobahnen erzeugen wiederum mehr Staus (1). Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages findet keinen Hinweis auf Staureduzierung durch Straßenausbau (2). Also passiert genau das Gegenteil von dem, was Bundesverkehrsminister Wissing zu erreichen glaubt: Mehr Straßen erzeugen mehr Treibhausgasemissionen – und damit ist er ziemlich auf der falschen Spur.

Im Personennahverkehr liegen die Treibhausgasemissionen pro Personenkilometer (pkm, 1 pkm = die Beförderung eines Passagiers über einen Kilometer) eines PkWs fast um den Faktor 4 über dem Ausstoß eines pkm einer Fahrt im Zug. Konkrekt ist das ein Ausstoß von 139 g beim Auto gegenüber 36 g der Eisenbahn (3). Im Güterverkehr schneidet die Schiene fast um den Faktor 7 besser ab als der Gütertransport auf der Straße, gemessen in Gramm pro Tonnenkilometer, 17 g beim Güterzug gegenüber 111g beim LKW. (4)

Auch folgende Zahlen sind interessant und sprechen Bände: Hessen hat heute rund 7200 km Landesstraßen, wovon nur 818 km mit Radwegen ausgestattet sind (11,4 %). Noch schlechter sind nur Rheinland-Pfalz (9%) und Thüringen (6,6%). “Seit 2014 sind in Hessen nur 27 km neue Radwege an Landesstraßen gebaut worden, knapp 3 km pro Jahr. Mit diesem Tempo bräuchte Hessen noch 2.130 Jahre, um an den eigenen Straßen für den Radverkehr fertig zu werden." sagt Xavier Marc vom ADFC Hessen

Die soziale Gerechtigkeit im Verkehr muss durchgreifend verbessert werden durch Schaffung von attraktiven Räumen und Aufenthaltsflächen, welche die Lebensqualität aller erhöhen. Auch die Angebote für Mobilitätseingeschränkte aller Art (Kinder, SeniorInnen, etc.) müssen ausgebaut und für alle bezahlbar werden.

Wir fordern, dass sich die Mitglieder des hessischen Landtages für folgende Maßnahmen einsetzen:

  • Anpassung des Bundesverkehrswegeplans anhand von Klima- und Naturschutzaspekten (laut Gutachten des BUND aus 2021 ist dieser rechtswidrig)
  • Umlenkung der Mittel für den Straßenausbau in den Ausbau der Schiene, des ÖPNV und des Radwegenetzes für eine bezahlbare, allen zugängliche Mobilität
  • Entschleunigung des Automobilverkehrs: Tempolimit für Autobahnen 100 km/h, für Landstraßen 80 km/h und für Städte und Gemeinden 30 km/h
  • Streichung klimaschädlicher Subventionen und Entlastung bei umweltschonender Fortbewegung
  • Ausbau und verstärkte Berücksichtigung der Schiene beim Gütertransport
  • Verringerung des Güterverkehrs durch regionale Kreislaufwirtschaft
  • Bessere Stadtplanung: "Stadt der kurzen Wege" als Gegenbild zur aktuellen Politik
  • Verstärkter Bau von Radwegen in Hessen, mindestens 100 km pro Jahr an Landstraßen
  • Gute Bezahlung und faire Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten im öffentlichen Nah- und Fernverkehr

Lokales Beispiel für die negative Auswirkung verfehlter Verkehrsplanung

Ein Ausbau der A67 parallel zum Bau der ICE-Neubaustrecke Rhein-Main-Neckar ist weder mit Klimaschutz noch mit der Verkehrsswende vereinbar! Durch die Ausbaulänge von über ca. 43 Kilometern droht eine der schlimmsten Waldzerstörungen im Hessischen Ried. Der Verlauf des Ausbaus soll überwiegend durch Wald erfolgen. Die Autobahn verläuft durch den Jägersburger- und Gernsheimer Wald, der als Vogelschutzgebiet und als Fauna-Flora-Habitat -Gebiet europarechtlich geschützt ist. Außerdem sind Teile als Bannwald ausgewiesen. Der BUND befürchtet eine Waldrodung von 30 Hektar und Folgeschäden in vergleichbarer Größenordnung. Dieser Wald steht dann nicht mehr für CO2 Umwandlung, Erhaltung des Wasserkreislaufs und
Lebensraum für Tiere zur Verfügung.

Die Forderungen unterstützen:
Parents For Future Darmstadt, Parents For Future Wiesbaden, Greenpeace Darmstadt, Greenpeace Frankfurt, Greenpeace Mainz-Wiesbaden, BUND Bergstraße, BUND Darmstadt-Dieburg, BUND Groß-Gerau, BUND Frankfurt, BUND Frankfurt-West, BUND
Fulda, BUND Wiesbaden, BUND Main-Taunus, Klima-Odenwald.org- VCD Hessen

Pressekontakt für weitere Infos:
Antje Sander, Parents for Future Darmstadt und Umgebung, 0176 38463673
Inge Schönhardt, Greenpeace Darmstadt, 0160 71221152

Quellenangaben:
(1)https://www.greenpeace.de/publikationen/20230223_greenpeace_Stauausbau_02_23_meta.pdf
(2) www.ardmediathek.de/video/kontraste/volker-wissing-und-die-autobahnen/das-erste/Y3JpZDovL3JiYl9hODZlZTA4NC0zN2I2LTQzNWMtYjZhNC01OWMyMWY1N2I2MzJfcHVibGljYXRpb24
(3) Raus aus dem Verkehrskollaps – BUND e.V.
(4) www.allianz-pro-schiene.de/themen/umwelt/treibhausgas-emissionen/
(5) https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Anlage/StB/laengenstatistik-2022.pdf?__blob=publicationFile

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