Kreisgruppe Bergstraße

Gefiltertes Rheinwasser für Städte, Wald und Felder

18. September 2015 | Hessisches Ried Wälder

Bei einer Exkursion zum Wasserverband Hessisches Ried wurde die Gewinnung von Trinkwasser aus dem Rhein deutlich. Landwirte, Haushalte und der Riedwald sind vom lebenspendenden Nass abhängig.

Walter Klupp versenkte einen Schöpfgefäß im Wasserbecken und goss den Inhalt in ein Becherglas. „So kommt das Rheinwasser nach der mechanischen Reinigung bei uns im Werk an“, erläuterte der Betriebsleiter des Wasserwerks Biebesheim im Wasserverband Hessisches Ried (WHR). Die Flüssigkeit aus diesem ersten Becken schimmerte erstaunlich klar, Schwermetalle, Mikroorganismen oder Reste von Pestiziden und Medikamenten ließen sich nur erahnen. Durch welche chemischen und physikalischen Prozesse das Rheinwasser geschleust wird, bis es annähernd Trinkwassergüte erreicht, konnte die Besuchergruppe bei ihrem Rundgang erfahren. Die Kreisverbände Groß-Gerau und Bergstraße im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatten Mitglieder und interessierte Gäste zu der Besichtigung eingeladen. Beide Kreisgruppen beschäftigen sich seit mehreren Jahren mit der Grundwassersituation im Hessischen Ried und setzen sich dafür ein, dass die Grundwasserpegel unter den Laubmischwäldern des Rieds angehoben werden.

Die Verknappung des Grundwassers begann vor rund 40 Jahren: Eine mehrjährige Trockenperiode und der steigende Wasserverbrauch für den Rhein-Main-Ballungsraum schädigte Gebäude, Straßen, Wälder und Biotope und verringerte Ernten. Das Land Hessen, Kommunen, Landwirte und Wasserversorger suchten nach einer Lösung und gründeten 1979 den Wasserverband Hessisches Ried. Sie entschieden, Rheinwasser aufzubereiten und über Infiltrationsanlagen im Ried versickern zu lassen. So sollte das Grundwasserreservoir für den Ballungsraum Rhein-Main aufgefüllt und gesichert werden. Ein kleinerer Teil des gefilterten Wassers sollte den Landwirten für die Beregnung ihrer Felder zugeleitet werden. Zehn Jahre nach der Verbandsgründung ging die Anlage in Betrieb, sie kann pro Jahr 43 Millionen Kubikmeter Rheinwasser filtern. Hubert Schreiber, Kommunikationschef der geschäftsführenden Hessenwasser GmbH, betonte, dass die hohe Kapazität noch nie ausgeschöpft wurde, der Spitzenwert lag bisher bei gut 25 Millionen Kubikmetern im Jahr. Anfang 2015 wurden die beiden zentralen Aufgaben des Verbands eigenständigen Verbänden zugeordnet. Der Wasserverband Hessisches Ried verantwortet die Grundwasseranreicherung, der WHR-Beregnungsverband kümmert sich um die Beschaffung und Verteilung des Beregnungswassers für die Landwirte.

Nach der mechanischen Reinigung mit Rechen und Sieben wird das Rheinwasser mit Ozon versetzt, Algen sterben ab und die Keimzahl sinkt deutlich. In der mehrstufigen Flockungsanlage werden Eisenchlorid und Schlamm zugegeben, so wachsen große rotbraune Flocken heran, die Tonteile, Schwermetalle und Mikroorganismen binden. Sie sinken im Absetzbecken zu Boden, das klare Wasser wird erneut ozoniert und von Keimen, Geruchs- und Geschmacksstoffen befreit. Nach einer weiteren Flockung passiert das Wasser einen mehrschichtigen Filter aus Quarzkies, Anthrazit und Quarzsand, hier werden Flocken und Ozon abgeschieden. Aktivkohlefilter schlucken letzte organische Verunreinigungen. Gerade mal zwei Stunden, so Walter Klupp, ist das Rheinwasser von der ersten bis zu dieser letzten Aufbereitungsstation unterwegs. Für die Zwischenlagerung stehen zwei Tiefbehälter mit je 37 Metern Durchmesser zur Verfügung, von hier wird das Wasser zu den Bauern und zu den Versickerungsanlagen im Gernsheimer und Jägersburger Wald und bei Eschollbrücken gepumpt.

Das aufbereitete Rheinwasser besitzt eigentlich schon gute Trinkwasserqualität, ist aber zu warm, um es gleich in Haushalte liefern zu können. Nach der Infiltration im Wald dauert es wenigstens ein Jahr, bis das Wasser wieder unter dem Waldboden herausgepumpt wird und als Trinkwasser ins ganze Rhein-Main-Gebiet verteilt wird. Das kostbare Nass fehlt damit den Laubmischwäldern des Rieds; um die Lösung dieses Konflikts wird der BUND sich weiter bemühen.

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