Kreisgruppe Bergstraße

BUND fordert Erhalt des Offenlands im Lorscher Osten

01. März 2024 | Landwirtschaft, Lebensräume

Entschieden wendet sich der BUND gegen den Ausverkauf der Wiesenflächen entlang der Südost-Umgehung, der mit dem Lorscher Baugebiet südlich der Friedensstraße beginnt. "Wer den Flächenkuchen anschneidet, will auch die ganzen vierzig Hektar verspeisen", kritisiert Guido Carl die massiven Auswirkungen des Bauvorhabens.

Der Offenlandbereich (rot) im Lorscher Osten muss erhalten bleiben; im Vordergrund (dunkelrot) das erste Baugebiet "Südlich der Friedensstraße"  (Google Earth, Bearbeitung BUND Bergstraße)

Der Kreisverband Bergstraße des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wendet sich entschieden gegen die Absicht der Stadt Lorsch, mit einem neuen Baugebiet südlich der Friedensstraße den Ausverkauf der Wiesenflächen entlang der Südost-Umgehung zu beginnen. Stattdessen fordert der BUND die Erhaltung des letzten größeren Offenlandbereichs im Lorscher Osten. "Wer den Flächenkuchen anschneidet, will auch die ganzen vierzig Hektar verspeisen", erklärt Guido Carl, Sprecher des BUND Bergstraße die weiteren Auswirkungen des Bauvorhabens. Schon jetzt verweist der Bauentwurf auf ein zukünftig anschließendes Baugebiet.

Aus Sicht des Umweltverbands muss die Anfang Februar beschlossene Bauempfehlung des Bau- und Umweltausschusses abgelehnt werden, denn: Mehr CO2-Emissionen durch Bauen und Wohnen beschleunigen die Klimakatastrophe, den Landwirten würden erneut Flächen genommen, das Lorscher Kleinklima gestört und in Zeiten des sechsten großen Massenaussterbens würden Offenland-Lebensräume zerstört. Nicht zuletzt müssten Lorscher Bürgerinnen und Bürger auf einen Naherholungsbereich mit einmaliger Sichtbeziehung zur Bergstraße verzichten.

Lorsch entwickelt sich erfolgreich - ohne neue Flächen

Der Umweltverband verweist auf aktuelle Bauprojekte am ehemaligen "Hotel Sandhas", an der alten Feuerwehr und am Autohandel Blust sowie auf das zukünftige Bauprojekt am Sägewerk Koch, die zeigten, dass Lorsch sich auch innerhalb der Bebauungsgrenzen erfolgreich weiterentwickeln könne. "Die Ausweisung neuer Baugebiete ist die Weiterführung einer umweltzerstörenden Politik aus dem 20. Jahrhundert", erklärt Hans-Jörg Langen vom BUND Bergstraße. Neue Bauflächen drängen zudem die Landwirtschaft immer weiter zurück; das gilt schon für das im Lagerfeld am Geflügelzuchtverein geplante Baugebiet und nun umso mehr für die neuen Flächen in einem Vorranggebiet für Landwirtschaft. Allein vor diesem Hintergrund sei die Ausweisung weiterer Bauflächen unverhältnismäßig, so der BUND.

"Der Bauausschuss hat einen blinden Fleck: Auswirkungen auf den Klimaschutz wurden nicht diskutiert", kritisiert Guido Carl. Dabei sei das neue Baugebiet ein massiver Schub für Lorscher Klimaemissionen: Der verbaute Beton würde als Klimakiller wirken, neue Wohnfläche benötigt zusätzliche Energie und Bevölkerungszuwachs führt zu mehr Verkehrsbedingten Emissionen; Letzteres erklärte Kreis-Klimaschutzmanager Rainer Pfuhl in der aktuellen, ernüchternden Zwischenbilanz zum Klimaschutzkonzept des Kreises. Der BUND verweist außerdem darauf, dass die CO2-Bindung in den heutigen Wiesenflächen verloren ginge. Angesichts der Forderung des Weltklimarats nach einer massiven und extrem schnellen Reduzierung von Klimagasen ist die Ausweisung von Neubauflächen ein Schritt in die falsche Richtung. Auch das Lorscher Kleinklima würde leiden: Deutlich weniger Regenwasser könnte versickern und die kühlende Wirkung in den Sommermonaten - das Gebiet ist "Vorbehaltsgebiet für besondere Klimafunktionen" - würde verloren gehen.

Versiegelung von Offenland beschleunigt das Artensterben

Völlig unbeleuchtet bleibt in der Entscheidungsfindung bisher die Tatsache, dass auf unserem Planeten und auch in Lorsch ein Artensterben stattfindet, das um das 100fache schneller verläuft als normal, so der BUND. Massive Verluste an Wildbienen und anderen Insekten, die Gefährdung ehemaliger Allerweltsarten wie Stare und Rebhühner und der andauernde Verlust von Offenland und lebendigem Boden sind deutliche Zeichen, die offenbar bewusst übersehen werden. So bezieht sich der Bauausschuss allein auf den Lorscher Stadtentwicklungsplan, in dem die gesamte Freifläche entlang der Südostumgehung als Siedlungsfläche vorgesehen ist, während der Landschaftsplan, die naturschutzfachliche Planung der Stadt, ohne Weiteres mit "muss angepasst werden" übergangen wird. Mit der Erschließung des Lorscher Ostens würde die Bebauung bis auf 500 Meter gefährlich nahe an das Naturschutzgebiet Weschnitzinsel heranrücken. "Lorsch kann eigentlich stolz auf seine Naturschutzarbeit sein,", erklärt Guido Carl, "aber die Zerstörung der offenen Wiesen und Felder im Osten Lorschs wird das Artensterben vorantreiben."

Abschließend verweist der Verband darauf, dass Neubaugebiete die Stadt und die Bürger viel Geld kosten: Die Kapazitäten beispielsweise an Kita-Plätzen, Schulraum, öffentlichem Nahverkehr und in der Kläranlage müssten erhöht werden. Der BUND Bergstraße fordert die Stadtverordnetenversammlung daher auf, sich gegen den Ausverkauf und für die Erhaltung der Offenlandflächen im Lorscher Osten auszusprechen und damit auch die Ausweisung des neuen Baugebiets "Südlich der Friedensstraße" abzulehnen.

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