Kreisgruppe Bergstraße

BUND befragt Parlamentarier zu TTIP / Vertrauensbasis für TTIP-Verhandlungen fehlt

16. April 2015 | Download

Der BUND Kreisverband Bergstraße hat 12 Fragen zu den geplanten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA formuliert und an die Bergsträßer Abgeordneten im hessischen Landtag, im Bundestag und im Europaparlament mit der Bitte um Beantwortung geschickt.

Leider haben nicht alle angeschriebenen Abgeordneten dem BUND-Kreisverband Bergstraße geantwortet. Die Antworten seitens der SPD-Bundestagsabgeordneten Christine Lambrecht wurden auch von den anderen SPD Abgeordneten unterzeichnet. Seitens der CDU hat nur Dr. Michael Meister geantwortet, bei der FDP hat die Landtagsfraktion geschrieben. Von den Grünen und der Linkspartei wurde auf noch offene Diskussionen und die bisherigen Veröffentlichungen der Landespartei verwiesen. Die vollständigen Antworten der Abgeordneten stellt der BUND Bergstraße unter www.bund-bergstrasse.de zur Verfügung.

„Auch wenn einige Punkte geklärt wurden, fehlt nach wie vor die Vertrauensbasis für die Verhandlungen“, bleibt Willy Welti, TTIP-Experte des BUND Bergstraße, auf kritischer Distanz. Die Antworten der Abgeordneten unterscheiden sich teilweise erheblich. Das ist bemerkenswert, denn TTIP ist ein völkerrechtlich bindender Vertrag, der weit in die Rechte der Bürger und in den Schutz der Umwelt eingreift. Der BUND Bergstraße hält daher nach wie vor die Informationen und die öffentliche Diskussion über die einzelnen Punkte der geplanten Abkommen für unzureichend und den Einfluss der Umwelt- und Verbraucherverbände für zu gering.

Eine der weiterhin offenen Fragen ist die mittel- bis langfristige Verschlechterung gesetzlicher Regelungen durch Liberalisierungen, die zukünftig von allen Partnern gegenseitig anerkannt werden müssten. Dies würde beispielsweise Gentechnik und bisher verbotenen Pestiziden den Zugang zum europäischen Markt ermöglichen, flankiert vom sogenannten „Regulatorischen Rat“ und von undemokratisch eingesetzten „Schiedsgerichten“. So schreibt die EU-Richtlinie REACH hohe Hürden für die Zulassung von Chemikalien vor, während dies in den USA nicht der Fall ist. Im Falle einer gegenseitigen Anerkennung der Zulassungsregeln werden Konzerne das Zulassungsverfahren für neue Chemikalien dort beantragen, , wo die geringsten Auflagen bestehen.

„Ständig kommen neue unglaubliche Informationen aus den Verhandlungen an die Öffentlichkeit.“ moniert Guido Carl vom BUND Bergstraße die Informationspolitik der Verhandlungsteilnehmer. Ein Negativbeispiel ist der lange Zeit unbekannte „Regulatorische Rat“, in dem USA und Europa sich gegenseitig über Gesetzentwürfe informieren sollen, noch bevor sie öffentlich beraten werden. Der BUND befürchtet, dass mit einem Regulatorischen Rat wichtige Schutzmaßnahmen wie ein Verbot von Pestiziden zum Schutz der Bienen den Weg ins Europaparlament gar nicht mehr schaffen würde. Ein anderes Negativbeispiel ist, dass der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in einer Mitteilung zehn Mal mehr Wirtschaftswachstum versprochen hatte, als in der zugrunde liegenden EU-Studie geschätzt waren. Erst auf Druck von Foodwatch musste der BDI seine Aussage inzwischen korrigieren: Tatsächlich sind durch TTIP nur 0,05% Wachstum pro Jahr zusätzlich zu erwarten. Von führenden Vertretern der Fracking-Industrie wurde erst kürzlich gefordert, auch in Naturschutzgebieten mittels Chemikalieneinsatz Energie gewinnen zu wollen. Das zeigt, wie wichtig harte und genaue Regel und Gesetze sind.

Grundsätzlich abzulehnen sind aus Sicht des BUND Schiedsgerichte, die Konzernen völlig neue Klagemöglichkeiten an die Hand geben. „Ob Kommunen, Bürger oder Staaten - wer nicht genug Geld hat, kann sich gegen Schiedsgerichtsklagen nicht wehren.“, verdeutlicht Willy Welti das Problem. Wozu brauchen entwickelte Länder wie USA, Kanada und Europa ein außerhalb der Landesgesetze stehendes, intransparentes Gerichtswesen? Das negative Potential der neuen Klagemöglichkeiten zeigt sich darin, dass bei CETA mittels Schiedsgerichten offenbar eine Vergemeinschaftung von Schulden in Euroland möglich wird. So könnte ein Konzern womöglich Deutschland verklagen, um italienische Schulden einzutreiben.

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