Kreisgruppe Bergstraße

Fridays for yesterday? CDU und SPD müssen ihren klimapolitischen Irrflug beenden

12. Juni 2019 | Energiewende

Der BUND Bergstraße kritisiert, dass CDU und SPD in der Regionalversammlung die Energiewende aktiv behindern, indem sie geeignete Vorrangflächen wie den Flockenbusch in Wald-Michelbach verhindern wollen. Dabei riskieren die Parteien sogar die Gültigkeit des Regionalplans.

Energiewende: Windräder statt Großkraftwerke Energiewende: Windräder statt Großkraftwerke  (Audacia / pixelio.de)

Der Kreisverband Bergstraße des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert, dass die Fraktionen von CDU und SPD in der Regionalversammlung Südhessen ihren klimapolitischen Irrflug beenden. „Es kann doch nicht sein, dass CDU und SPD in der Regionalversammlung die Energiewende aktiv behindern, während ihre Bundesparteien nach der Europawahl eine konsequente Politik zum Schutz des Weltklimas versprechen“, kritisiert Guido Carl, Vorstand des BUND im Kreis Bergstraße. Tausende junger Menschen protestieren in Deutschland freitags unter dem Motto „Fridays for future“. Doch wenn es bei den Anträgen der großen Koalition in der Regionalversammlung Südhessen bleibt, dann wird die Entscheidung über die Windkraftvorrangflächen am nächsten Freitag eine klimapolitisch kontraproduktive Machtdemonstration unter dem Motto „Fridays for yesterday“.

Antrag gefährdet den Regionalplan und den Ausbau der Windkraft

Am 14.6.2019 beschließt die Regionalversammlung nach zehn Jahren intensiver Beratung über den Teilregionalplan Erneuerbare Energien (TPEE) und damit vor allem über die Windkraft-Vorrangflächen. Die Kritik des Umweltverbands entzündet sich an einem Antrag, mit dem CDU und SPD unter anderem das ca. 140 Hektar große Windkraft-Vorranggebiet Flockenbusch 2-24 bei Wald-Michelbach streichen lassen wollen. Der Antrag ist nach Meinung des BUND politisch brandgefährlich. Findet er eine Mehrheit, könnte er den gesamten Teilregionalplan Energie in eine rechtliche Schieflage bringen. Die Folge wäre, dass der Plan dann mit Erfolg gerichtlich angegriffen werden kann und der Ausbau der Windkraft in Südhessen weiter planlos dahin dümpeln würde.

Richtig ist, dass das Vorranggebiet Flockenbusch von der Gemeinde Wald-Michelbach abgelehnt wird und sie diese Ablehnung rechtlich in ihrem Flächennutzungsplan verankert hat. Richtig ist aber auch, dass der Flächennutzungsplan der Kommune seine Ausschlusswirkung für die Windkraft verliert, wenn der TPEE als übergeordneter Regionalplan Südhessen Rechtskraft erhält.

Regionalplan-Kriterien bewerten Flockenbusch ist als geeignet

Falsch ist hingegen die These von CDU und SPD, dass der Flockenbusch als Vorranggebiet für die Windkraft ungeeignet sei. Naturschutzfachlich bewertet der BUND die Vorrangfläche Flockenbusch sogar als besser geeignet als bereits genehmigte Windparkstandorte am „Stillfüssel“ oder am „Kahlberg“. Das Regierungspräsidium hatte gleichwohl im Frühjahr die Errichtung von Windkraftanlagen am Flockenbusch abgelehnt. Die Ablehnung erfolgte trotz der grundsätzlichen Eignung des Flockenbusches und ausschließlich aus formalen Gründen. Konkret: Da der rechtsgültige Flächennutzungsplan der Gemeinde Wald-Michelbach hier Windkraftanlagen ausschloss, konnte im Frühjahr 2019 auch keine Genehmigung erfolgen.

Sollte die Regionalversammlung jedoch beschließen, dass die grundsätzlich geeignete Windkraftvorrangfläche Flockenbusch nicht in den Regionalplan aufgenommen wird, würde damit ein Planungsfehler eintreten, der regelmäßig zur Aufhebung von Regionalplänen durch die Verwaltungsgerichte führt. Im Zentrum der gerichtlichen Überprüfung steht nämlich die Frage, ob die Kriterien zur Auswahl von Windkraftvorrangflächen tatsächlich flächendeckend gleichmäßig angewendet wurden. Kommen die Gerichte dabei zu dem Ergebnis, dass bestimmte Vorranggebiete sachwidrig, d.h. unter Missachtung der angelegten Planungskriterien nicht in den Regionalplan aufgenommen wurden, heben sie die Pläne auf.

Regionalvertreter von CDU und SPD bremsen die Energiewende

"Die Europawahl hat bei den Regionalvertretern der großen Koalition offenbar keine Spuren hinterlassen", so BUND-Sprecher Carl. Während die Volksparteien auf Bundes- und Landesebene heftig über Konzepte für besseren Klimaschutz streiten und auch der Städtetag mehr Engagement einfordert, bremsen die Vertreter von CDU und SPD in der Regionalversammlung unverfroren die Energiewende und sind sich für dubiose Winkelzüge nicht zu schade. Nach Ansicht des BUND stellen die Parteien kommunale Interessen über das Allgemeinwohl der Region.

Zum Hintergrund:
Die Ausweisung von Windkraftvorrangflächen in der Regionalplanung zieht sich in Südhessen schon seit über zehn Jahren hin. Nachdem sich die anfängliche Totalblockade durch CDU und FDP – die Parteien hatten 2009 für Südhessen einen Flächenanteil von nur 0,1% der Fläche für Windräder festgelegt – als rechtlich unhaltbar erwiesen hatte, musste die Planung für Erneuerbare Energien aus dem Regionalplan 2010 herausgenommen und als Teilplan separat weitergeführt werden. In mehreren aufwändigen Offenlegungsverfahren hat das Regierungspräsidium die Kriterien zur Auswahl von Vorrangflächen festgelegt, entsprechende Flächen herausgefiltert sowie Vorschläge und Einwendungen der Bürger, Kommunen, Verbände und Fachbehörden ausgewertet. Am 14. Juni 2019 steht auf der Tagesordnung der Regionalversammlung Südhessen die Beschlussfassung über die vorgeschlagenen Vorrangflächen, die insgesamt 1,3% der Fläche Südhessens umfassen. Weitere Vorschlagsflächen (etwa 0,7% der Fläche) werden nicht beschlossen, sondern nachfolgend als sogenannte "Weißflächen" in einem erneuten Offenlegungsverfahren weiter diskutiert mit offenem Ausgang.

Link zum Antrag Nr. IX - 17.32

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