Kreisgruppe Bergstraße

Das ungelöste Entsorgungsproblem

In keinem Land der Erde ist bis heute ein Endlager für hochradioaktive Abfälle in Betrieb. Und ein "sicheres" Endlager für Strahlenmüll mit Halbwertszeiten von mehreren zehntausend Jahren kann es ohnehin niemals geben. Kein Mensch kann heute sagen, wie die politischen und geologischen Verhältnisse auf der Welt in 500, geschweige denn in Tausenden von Jahren aussehen. Atommüll bleibt also eine tickende Zeitbombe für alle nachfolgenden Generationen.

Schon der so genannte Atom-Konsens vergrößerte das Entsorgungsfiasko: Seit dem Beginn der Atomenergienutzung vor 30 Jahren sind in der Bundesrepublik über 180.000 Kubikmeter radioaktiver Abfälle angefallen. Diese Menge verdoppelt sich in etwa durch die im Atom-Konsens im Jahr 2001 mit der Industrie vereinbarten Laufzeiten, so dass bei den jetzigen Vereinbarungen am Ende rund 330.000 Kubikmeter Atommüll endgelagert werden müssen. Auch wenn die Laufzeitverlängerung vom Herbst 2010 gestoppt ist, der sogenannte Atomausstieg von 2011 bestätigt das Müllchaos erneut: Der Müllberg wird nicht kleiner!

Mehr zu den Anforderungen des BUND an die Suche nach einem Atommüll-Endlager finden Sie im BUND-Hintergrund "Wohin mit dem Atommüll?"

Freimessung: Wie Radioaktivität einfach so verschwindet - oder eben nicht

In Biblis wie in Deutschland existiert die Möglichkeit, schwach radioaktive Reststoffe und Abfälle aus dem Zuständigkeitsbereich von Atomgesetz und Strahlenschutzverordnung in den konventionellen Bereich zu entlassen ("Freigabe"). Dies bedeutet, dass Materialien aus dem Rückbau des AKB Biblis nach so einer "Freimessung" auf einer normalen Hausmülldeponie landen können oder als Wertstoff wiederverwendet werden.

Bei der Stilllegung des AKW Biblis fällt wie bei allen AKW eine besonders große Menge solcher Materialien an. Wegen der derzeit anstehenden gleichzeitigen Stilllegung von acht Reaktoren können die freigegebenen Mengen so groß sein, dass die Einhaltung des Strahlenschutzzieles für die Bevölkerung durch Freigaben gefährdet ist.

Radioaktivität wird unterschätzt – mehr Kontrolle nötig

Durch die großen jährlichen Freigabemassen und die vom Gesetzgeber unterstellte Verteilung auf viele Deponien wird die auf einer Deponie tatsächlich abgelagerte Radioaktivität unterschätzt. Daraus folgt, dass die Freigabewerte zur Deponierung im Sinne eines vorbeugenden Strahlenschutzes zu hoch sind.

Deshalb muss die Entlassung von Reststoffen und Abfällen in den konventionellen Bereich auf jeden Fall stärker überwacht und reglementiert werden. Ein weitergehender Schutz der Bevölkerung wäre durch die Aufgabe der Freigaberegelung und die Verfolgung des französischen Konzepts mit einem gesonderten Entsorgungsweg für schwächer radioaktive Stoffe möglich. Diese Forderung bringt der BUND Hessen in einem Gerichtsverfahren vor.

Es muss dringend geprüft werden, ob eine Konzentration dieser Stoffe in einem die notwendigen Rückhalteanforderungen erfüllenden oberflächennahen Endlager sinnvoller ist als die Verteilung der Radioaktivität in verschiedenen Hausmülldeponien und Gegenständen für den menschlichen Umgang.

Der BUND lehnt grundsätzlich jegliche Freigaberegelungen, wie sie in der Strahlenschutzverordnung vorgesehen sind, ab. Dies hat zuletzt die Bundesdelegiertenversammlung des BUND im Jahr 2000 bestätigt.